Die Königin erzählte Feline mit tränenerfüllten, doch glänzenden
Augen von dem Tag, an dem sie den falschen Damien das erste Mal getroffen
hatte. Damals, vor vielen, vielen Jahren, er war noch ein Prinz gewesen, hatte
er ihr das Leben gerettet. Beim Spazieren gehen wäre sie aus Unachtsamkeit fast
einen Hang hinuntergestürzt, doch Prinz Cadogan war wie aus dem Nichts
erschienen, wie ein Schutzgeist, und hielt ihre Hand fest, bevor der Abgrund
sie verschlingen konnte. Seit diesem Tage an, waren sie beide unzertrennlich.
Wie Feline erfuhr, wechselten in dieser Welt die Herrscher
nicht, wenn der Amtierende verstarb, sondern dann, wenn der Nachfolger dazu
bereit war, das Amt zu übernehmen. Dies war der Fall, wenn er die Liebe seines
Lebens gefunden hatte. Denn nur die eine, richtige Königin konnte das Reich in
seinen Fugen halten. Die komplizierten, magischen Prinzipien die dem zugrunde
lagen, verstand Feline nicht so ganz. Wichtig war nur, dass diese Welt mit dem
Glück ihrer Königin lebte und auch starb. Und als Prinz Cadogan um ihre Hand
anhielt und sie zur Königin machte, war sie die glücklichste Frau, die das
Reich jemals gesehen hatte.
Alles war perfekt gewesen. Wie im Märchen. Weder hatte es
Probleme gegeben, noch Meinungsverschiedenheiten oder Streit. Gemeinsam
regierten sie das Reich, das aufblühte und stetig wuchs. Auf magischem Wege,
nicht auf kriegerischem Wege! Die Dinge waren hier nun einmal anders.
Doch je größer die Welt wurde, desto mehr Aufgaben hatten
sie zu erfüllen. Besonders der König. Bald schon nahm ihn seine Arbeit so sehr
ein, dass kaum noch Zeit für Zweisamkeit blieb. Und in der wenigen Zeit, die
sie zusammen hatten, wollte Cadogan nur noch die Ruhe nachholen, die ihm sonst
nicht gegönnt war.
Anfangs war die Königin unheimlich stolz auf ihren König.
Auf seine Gewissenhaftigkeit, sein Verantwortungsgefühl und seine Aufopferung
für das Volk. Wo sie nur konnte, unterstützte sie ihn. Ließ ihn schlafen, ließ
ihn arbeiten und versuchte, ihm die beste Frau zu sein, die ein Mann sich
wünschen konnte.
Doch irgendwann, es dauerte eine lange Zeit, bemerkte sie, dass
sich ihr Innerstes leer anfühlte. Etwas fehlte, etwas war nicht mehr da. Das
Glücklichsein, die tiefe Zufriedenheit bröckelte nach und nach von ihr ab, und
bevor sie sich versah, befand sie sich in einem Zustand, dem sie nicht mehr
entrinnen konnte. Oft hatte sie probiert mit Cadogan darüber zu reden. Und er
hatte ihr auch zugehört, doch jedes Mal erklärt, warum er nicht anders könne,
als seinen Aufgaben nachzukommen. Verständnisvoll wie sie war, gab sie sich
damit zufrieden. Denn er hatte ja recht... Wer, wenn nicht er, solle das Reich
führen? Es ging nicht anders. Sie musste damit leben.
Und so zog sich ihr Leben weitere Jahre hin, ohne dass sich
etwas besserte. Im Gegenteil: je betrübter die Königin wurde, desto mehr
Probleme im Land gab es zu lösen und desto mehr musste der König arbeiten.
Immer vertiefter, immer fanatischer wurde er, bis er bald gar nicht mehr lachen
konnte, nicht mehr loslassen konnte. Er wurde verbissen und die einstige Liebe
zwischen den beiden war nur mehr als ein Glimmen, das jederzeit drohte zu
ersticken.
Feline lauschte der Geschichte bedrückt. Sie verstand die
Königin und wollte sich gar nicht ausmalen, wie sie sich fühlen würde, würde es
einmal zwischen Damien und ihr so... enden. Was sollten sie nur tun?
„Er fehlt mir so sehr...“ Die Königin hielt sich, wie von
Schmerzen, die Brust und Feline meinte, ein Beben unter ihren Füßen zu spüren. Nur
Einbildung oder ein weiteres Zeichen für das nahende Ende?
„Es geht schon wieder, danke Feline.“ Dann lief ein Lächeln
über das verweinte Gesicht der schönen Frau und sie nickte mit dem Kopf
Richtung der Obstbäume: „Genau so eine schwarze Katze sah ich an dem Tag, an
dem ich Cadogan das erste Mal traf...“...
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